Wenn der Gong zum Mittagessen ruft

08.08.2013 08:23

Jeder hat seine eigenen Rituale und Signale, die ihm im Alltag lieb geworden sind. Bei mir ist es der Gong in unserer Firma, der die Mittagspause immer einleitet. Ich weiß, ich weiß... dass hört sich doch etwas komisch an, da man ja normalerweise eine innere Uhr hat, die einem kurz vor der Pause immer wieder zur Anzeige schauen lässt. Man versucht, die noch verbleibende Zeit so sinnvoll wie möglich zu nutzen, indem man sich überlegt, was noch begonnen oder aber angeschlossen werden kann.

 

Ist beides nicht mehr richtig möglich, hängt man zwischen den Seilen und die Zeit wird lang. In jedem Fall aber befreit der Gong uns von diesem Dilemma. Überhaupt, finde ich klare Ansagen, die einem vom Zweifel befreien, an welcher Stelle des Alltages man sich gerade befindet, sehr gut. Sie ordnen den Tag und leiten in die darauf folgenden Phasen ein. Auch bei mir in der Wohnung habe ich dafür gesorgt, dass solche Rituale mit die ständige Präsenz der Zeit abnehmen.

 

Um mal ein Beispiel zu bringen, dass jeder von sich kennt: Die meisten Menschen brauchen gar keinen Wecker mehr, um morgens rechtzeitig aufzuwachen. Man tut es ganz von allein. Wie auf Kommando schlagen die Augen auf, man bleibt aber liegen, bis das gewohnte Geräusch des Weckers einsetzt. Erst dann entwickelt der Körper die nötige Routine und setzt sich in Bewegung. Man trottet zum Seitenzugrollo am Fenster, lässt Licht ins Schlafzimmer und fühlt das erste Mal am Tag so etwas wie ein waches Bewusstsein.

 

Dieses befähigt dann zum üblichen Ablauf. Nachdem man in die Firma gelangt ist, hat sich die Nüchternheit endgültig durchgesetzt, woraufhin man in ein kleines Loch fällt. Dieses kleine Loch wird mit den gewohnten Eindrücken ergänzt, welche einen in die Arbeitsroutine überführen. Den Moment, wann man wirklich voll da ist, spürt man dann, wenn die Beschäftigung sich verselbstständigt hat. Hier spürt man die Abwesenheit aller Bedürfnisse, bis die Zeit sich in Richtung Mittagspause neigt.       

 

Wenn bei uns dann der Gong erklingt, fällt die Routine, welche langsam Gefahr lief, sauer zu werden, von einem ab und man bekommt die so dringend benötigte Abwechslung. Ähnliches geschieht, wenn der Gong das zweite Mal geschlagen wird. Dann ist Feierabend. Aber ein letztes Mal noch, wird die Routine sich bei mir zurückmelden. Fürs Abendessen habe ich mir einen eigenen Gong gekauft. Wird er geschlagen, wird das Binderollo im Esszimmer aufgezogen, der Tisch gedeckt und der Rest der Familie setzt sich schon einmal auf ihre Plätze.